Altertümliche Low-Poly-Grafik. Feste Kamerawinkel. Eine Ode an den PS1-Survival-Horror. So in etwa lässt sich der Kokon von Lake Haven – Chrysalis beschreiben.
Zu Beginn dieses Jahres veröffentlichten Encrypt Games ihr kleines Werk. Klein deshalb, weil es sich nur um einen Prolog handelt. Das komplette Vollspiel, Lake Haven, soll dann in nicht allzu ferner Zukunft erscheinen und die Geschichte um den Detective-Officer-Chief-Police-Irgendwas-Boy Zeke Reynold fortführen. Eine interessante Veröffentlichungsmethode ist das allemal. Ich klatsch euch hier ein paar Zeilen über meine Eindrücke dieses ca. anderthalb Stunden dauernden Spielerlebnisses hin und denke, es einigen Fans dieses Genres näherbringen zu können. *clutch*
Ein Typ mit Knarre und Polizeimarke – so gewöhnlich wie der Hauptcharakter ist auch der Schauplatz, an dem die Steuerung übernommen wird: Ein ländliches Familienhaus mit angrenzender Scheune und sonst weit und breit nur Feld. Im Dunkeln. Natürlich birgt die Fassade unter der Oberfläche noch einige Überraschungen, aber als grobes Bild soll diese Beschreibung erstmal taugen. Das Titelgebende Örtchen Lake Haven scheint dabei eine Autofahrt entfernt zu sein und ist in Chrysalis vorerst nicht erkundbar.
Zu diesem Haus begibt sich der damit beauftragte Zeke, um die mysteriöse Situation der dort lebenden Eleanor aufzuklären. Eine Freundin von ihr macht sich große Sorgen, da sie seit Wochen nicht auf ihre Briefe antwortet. Achso, das Spiel ist im Jahr 1980 angesiedelt; daher der Briefverkehr.. und der Röhrenfernseher.. und das alte Radio.. und alles weitere, um der Nostalgiewelt Authentizität einzuflößen. Das klappt mit der zusätzlich auswählbaren CRT-Filterfunktion und dem möglichen 4:3 Bildformat auch prima.
Es wird dann recht schnell klar, dass Eleanor bereits tot ist. Alle weiteren Ungereimtheiten wie der Streit mit ihrem Mann oder die Visionen, die sie nachts plagten, werden ganz klassisch über verstreute Tagebucheinträge erzählt. Um neue Gebiete im- und ums Haus zu erschließen, müssen Gegenstände gesucht und kleine Rätsel gelöst werden. In den ersten fünf Minuten befinden sich bereits drei verschiedene Schlüssel im Inventar. Hier nochmal: ganz klassisch.
Gameplay und Menüführung sind annähernd der von Silent Hill gleich. Allgemein lehnt es sich stark daran an. Die Umsetzung ist sehr detailgetreu und rund. Nur das Laufen wirkt etwas glitschig beim Rennen, aber wirklich störend ist es nicht. Vielen Konfrontationen seid ihr bei Lake Haven Chrysalis allerdings nicht ausgesetzt, weshalb die Kampfmechaniken nicht so aussagekräftig sind. Das Schussgeräusch wirkt allerdings etwas mau. Insgesamt macht der Sound zwar einige Schritte in die richtige Richtung, kann aber gern grischeliger, verruchter und „ins-Mark-stechender“ sein. Hier ließe sich im Hauptspiel durch etwas abgefahrene Experimientierfreudigkeit einiges rausholen. Silent Hill legte die Messlatte in dieser Hinsicht verdammt hoch; durch die von Encrypt Games verfolgten Parallelen lässt sich dieser Vergleich also leider nicht verhindern.
Besonders ansehnlich sind hingegen die visuellen Effekte. In der zweiten Hälfte gibt es surreale Elemente, die optisch ansprechend umgesetzt wurden und aufgrund ihrer Aufmachung durchaus Unwohlsein hervorriefen (im positiven Sinne). Hier ist definitiv die größte Stärke des Titels zu verorten! Wenn auch die Geschichte samt linearer Aufmachung des Spielprozesses anfangs etwas fad wirkt, konnten sich Horror, Mystik und Absurdität dann schließlich beim Stoßen auf den „Kern“ wunderbar in Szene setzen. Hier entfaltet sich die eigene Identität des Spiels.
Mit Lake Haven – Chrysalis ist der Grundstein für ein vielversprechendes Projekt gelegt. Hoffentlich ist der Name Programm und Lake Haven wird der perfide und grausige Schmetterling, welcher in Chrysalis noch die Gestalt der Insektenpuppe war.